Zum Thema Chiptuning: :shock:
Bin nun auch nicht der ausgesprochene Experte, aber ein paar, wie ich denke, wichtige Denkansätze, über die man diskutieren sollte, möchte ich loswerden.
Ich fahre einen Bravo 2.0 Multijet 165 PS
Auch ich habe mir die Szene angeschaut und mich kundig gemacht. Weil es doch einigen Unsern unter den Nägeln brennt, dachte ich mir, ich gebe meinen Senf dazu… Ich persönlich war auch wild drauf...

DT_02:
Ich habe mittlerweile sehr viel zum Thema gelesen, mit Meistern in Werkstätten und Tuningprofis gesprochen, was kam raus:
Es gibt zwei Arten von Chiptuning, a) die teure Variante, sprich die Veränderung der Steuerdaten direkt im Motorsteuergerät oder b) die „billig“ Variante via Tuningboxen.
Gehe mal auf Letzteres ein, da diese Art des Tunings, auch hier oft im Forum diskutiert wird/ wurde.
Was passiert in der Box? Nicht viel, das Motorsteuergerät (MSG) wird einfach „verarscht“ in dem man die Steuerungswerte manipuliert. In der Regel wird „einfach“ mehr Kraftstoff als notwendig zugeführt, sprich eingespritzt und / oder die Einspritzzeiten verändert. Durch oft simple Widerstandsschaltungen oder einfache Werteanhebung (-multiplizierung) wird der vermeintliche Leistungsgewinn erkauft.
Ich möchte nachfolgend kein Horrorszenario an die Wand malen, nur Überlegungen vermitteln.
Diese Mehreinspritzung hat Folgen:
1. Das MSG geht davon aus, dass alles normal wie immer funktioniert, es bekommt von der Manipulation nicht wirklich viel mit. Es sei denn, es wird übertrieben, dann reagieren die Sensoren und senden für das Steuergerät „unzulässige“ Daten. Das Steuergerät versucht dem entgegen zu regeln und verändert Steuerzeiten etc. Ergebnis: Leistungsverlust, Ruckeln, schlechtes oder zu „bissiges“ Ansprechen, im schlimmsten Fall geht der Motor auf „Notprogramm“ um einen Schaden zu verhindern.
2. Die erhöhte Kraftstoffmenge führt zu einem größeren Russanteil (Veränderungen des Luft – Kraftstoffgemisches), somit kann der DPF schneller verstopfen, ergo vermehrte Filterreinigungen werden notwendig. Verbrauch steigt sowieso.
3. Weil das MSG nichts von der Kraftstoffmengenerhöhung weis, aber mehr Leistung anliegt und höhere Geschwindigkeiten bei geringen Umdrehungen gefahren werden, errechnet es einen vermeintlich „verminderten“ Kraftstoffverbrauch, so paradox es klingen mag. Bitte kontrolliert Eure Verbräuche via Taschenrechner an der Tankstelle mit den Angaben des Bordcomputers. Teilweise Böses Erwachen garantiert…
4. Bei zuviel an Kraftstoffbeimischungen, funktioniert auch das AGR nicht mehr zuverlässig, ebenfalls Ruckeln, zudem steigt der Verbrennungsdruck und die Abgastemperatur, was die Maschine schließlich belastet und bis zum kapitalen Motorschaden (Kolbenklemmer, Pleuelabrisse etc.) führen kann.
5. Neben der Erhöhung der Kraftstoffmenge werden auch oft die Einspritzzeiten verlängert (bereits erwähnt), was ebenfalls zu einem erhöhten Betriebsdruck und somit zu höheren Motortemperaturen führen kann. Zu hohe Brennraumtemperaturen können zu Rissen im Kolben, Zylinder etc. führen.
6. Die Standfestigkeit leidet grundsätzlich erheblich. Wer gerne lange Distanzen mit hohen Geschwindigkeiten überbrückt, kann seinen Motor zerschießen. Ich fahre oft gute 210 km/h weit über 50 km am Stück, sofern die Straßenverhältnisse, der Verkehr es zulassen und es rechtlich erlaubt ist, ohne Probleme! Getunte Motoren sind den Dauerbelastungen oft nicht gewachsen (Stichwort wiedermal: zu hohe Abgastemperaturen, zu hoher Druck). Teilweise bricht das MSG alles ab, der Motor geht bei voller Fahrt aus.
7. Der Turbolader ist genau auf die Leistung abgestimmt, was mit der zwischen-gemogelten Tuningbox stellenweise überhaupt nicht mehr funktioniert. Folgen: Leistungsverfall, zu hohe Ladedrücke, zu heiße Motoren, zuwenig Kühlung – Stichwort Ladeluftkühler der erhöhten Leistung nicht angepasst – Folge: der Lader kann über den Jordan gehen
8. Ganz wichtig, die doch teilweise ernormen Drehmomentzuwächse quittiert das Getriebe, die Kupplung und die Antriebe mit Verschleiß im Zeitraffer
Fast jeder Hersteller hat einen guten Grundmotor, der dann in verschieden Leistungsstufen angeboten wird. Die unterschiedlichen Leistungsvarianten resultieren aber nicht etwa aus einfachen Chiptuning, sondern aus verschiedenen qualifizierten Tuningmaßnahmen, wie etwa veränderte Ladeluftkühlungen, größere Turbolader, veränderte Abgasanlagen, größere Kühler und Wasserpumpen (auch um die höheren Abgastemperaturen abzufangen) etc. In der Summe ergeben sich daher auch erhöhte Leistungswerte, aber bei gleichbleibender Standfestigkeit. Profituner werden einen Motor immer in seiner Gesamtheit anpassen und mit geeignetem Prüfgerät durchchecken, bloßes Chiptuning via Box verbietet sich dann. Im Ergebnis ist ein Profituning dann auch sehr teuer. Echte Profituner geben auch immer Garantien auf die Gesamtheit des getunten Motors!
Grundsätzlich kann man wohl sagen, es ist große Vorsicht geboten! Oft verlockende Angebote entpuppen sich als Mogelpackungen mit hohem Schadensfaktor.
Ich habe mir folgende Fragen gestellt, die Ihr Euch vielleicht auch stellen solltet:
1. Warum wird ein und dieselbe Tuningbox für verschieden Fahrzeug Typen und Motoren angeboten, wenn doch jeder Motor unterschiedliche technische Ausgangswerte vorhält?
2. Warum gibt es keine bis oft nur unzureichende Garantien für den Motor selbst (nicht nur auf die Tuningbox bezogen)?
3. Warum machen es sich die Autohersteller nicht einfach und verbauen nur andere Chip`s? (Ist doch sooo schön billig...)
4. Wie kann es sein, dass ich angeblich weniger verbrauche bei mitunter 25 % mehr Leistung, wenn ich nur ein paar Daten manipuliere?
5. Wenn alles so „einfach“ ist, warum der große und teure Aufwand bei Profitunern?
6. Mit welchen Messverfahren werden tatsächlich, Geschwindigkeiten und Durchzug gemessen, wie kann ich das als „Privater“ umsetzen bzw. nachvollziehen?
Ich habe für mich eine Entscheidung gefällt. Ich verzichte auf die Schnäppchenangebote und Tuning via zwischengeschalteter Box und belasse alles so, wie es ist. Ich habe auch schon von vielen gehört, die große Probleme bekommen haben. Den möglichen Motorschaden beim Hersteller anzumelden, geht schon in Richtung eines strafrechtlichen Betruges, also eigenes Risiko.
Vorsicht ist in jedem Fall geboten.
Vielleicht ein Wort zur Versöhnung: gute Tuningboxen heben die Leistung nur moderat an, das schont die Maschine und sie bleibt standfester. Man verkürzt damit aber immer auch das Fenster an Sicherheitsreserven, die Standfestigkeit wird in jedem Fall reduziert.
Die besseren Tuningboxen beziehen verschiedene Daten, wie Ladedruck, Stellung des Gaspedals etc. mit ein und ermöglichen somit eine „angepasstere“ Modulation, im Ergebnis eine schonendere Leistungssteigerung. Gute Tuningboxenhersteller geben auch auf die Gesamtheit des Motors Garantien ab (die kosten aber oft erheblich mehr).
Dauergas verbietet sich bei getunten Motoren sowieso, man muss in der Summe materialschonender fahren…
Wer es sich leisten kann sollte mal mit seinem getunten Motor mal auf einen Leistungsprüfstand gehen und schauen, was wirklich rumgekommen ist. Bitte vertraut nicht einfach nur den Herstellerangaben und Versprechungen der Tuningboxenanbieter. Das „Popometer“ ist hierbei nur eine ungenaue Messeinrichtung.
In diesem Sinne viel Spaß bei den kontroversen Diskussionen.
Ich bin ein alter Schisser

DT_tit:, ein weiterer Grund es nicht getan zu haben…
P.S. Was der Wagen wirklich braucht ist ein gutes Fahrwerk, das ab Werk ist Schrott, viel zu weich, ebenso die zu lasche Bremsanlage. Man kann die 165 PS nur unzureichend auf die Straße bringen. Ich werde daher mein Tuning auf das Fahrwerk und die Bremsen beschränken.
Private Testwerte:
Vmax Werk = 215 km/h
Vmax (Tachoeinheit) = 240 km/h (nur einmal erreicht, mit ultra langem Anlauf + Rückenwind + bergab) Hinweis: Tacho läuft immer etwas vor! Wenn es echten 225 km/h entspräche, wäre das schon super!
Drittelmix (Werk) = 5,3 Liter
Drittelmix (min) = tatsächlich 5,3 Liter (bei extrem zurückhaltender Fahrweise)
Drittelmix (normal) = 6,9 Liter
Drittelmix (max) = 9,5 Liter
Fahre ausschließlich ARAL Ultimate Diesel